Auf ihn mit Gebrüll (Bild: Republik)
Die Abonnenten laufen davon oder kritisieren das Magazin. Ein Campaigner soll nun «Sympathisanten zu Mitgliedern konvertieren».
Letzter Freitag war brutal. Das Online-Magazin «Republik» hatte 70 Abonnenten verloren. An einem Tag. Bei einem Jahresabo von 240 Franken sind das über 15000 Franken.
Seit Anfang Jahr kämpft die «Republik» um jeden Abonnenten. Etwa 1400 haben ihr Abo nicht verlängert. Die zweite Baustelle ist noch schlimmer: Die Abonnenten («Verleger») interessieren sich immer weniger, was die preisgekrönten Journalisten schreiben. Dialoge im Forum, Lesepositionen, Lesezeichen: noch nie so tief wie seit eineinhalb Jahren.
Nun sucht die «Republik» einen Comunity-Campaigner. Mission impossible: «Wir wollen Aufmerksamkeit generieren und gezielte Massnahmen ergreifen, um neue Gruppen von Menschen anzusprechen sowie Sympathisanten zu Mitgliedern zu konvertieren.»
Oder einfach ausgedrückt: «Gemeinsam mit dir wollen wir den nächsten Wachstumsschub für unsere Community schaffen.»
Die Nervosität an der Langstrasse steigt. Ein weiteres Zeichen dafür sind die Kampagnen gegen Medien, die nicht so ticken wie die «Republik». Der «Nebelspalter», die «Weltwoche» und dieostschweiz.ch – seit das Mediengesetz verworfen wurde, sind das die erklärten Gegner.
Neuerdings sogar die NZZ, die nicht so genau wusste, wo sie bei der Abstimmung zum Mediengesetz stehen soll. Vor ein paar Tagen publizierte die «Republik» ein Porträt über Jonas Projer. Eigentlich ein Heimspiel. Doch zum ersten Mal begehrten die «Verleger» auf:
«Vielleicht schätze ich das falsch ein, aber ich habe das Gefühl, dass Journalist*innen den Themen aus den eigenen Reihen eine überproportionale Relevanz zuschreiben und vergessen, dass diese Themen aber für die Leserschaft nicht besonders relevant sind.»
«Ich persönlich finde den Artikel ziemlich geschmacklos.»
«Haben Sie auch tatsächlich was Relevantes zu berichten über diese Person?»
» Was soll/will dieser Artikel mir sagen? Was genau ist Ihr wesentlicher Vorwurf an Jonas Projer und warum ist dieser von grösserer Bedeutung?»
«Ich bin ganz platt. Erstaunt kämpfte ich mich durch einen Artikel über einen Journalisten, von einer Journalistin und einem Journalisten geschrieben. Was mag deren Motivation sein?»
Das sind nur ein paar Beispiele der Leserkommentare.
Die Autorin Ronja Beck reagierte entrüstet auf die Meinungen ihrer Verleger: « Ich möchte nicht zynisch klingen, ich verstehe nur Ihre Argumentation nicht ganz. « Mitautor Philipp Albrecht pflichtet ihr bei: «Ich möchte hier auf die vielen Kommentare antworten, die unseren Text kritisieren. Und ich möchte betonen, dass es für uns nach wie vor keinen Zweifel an der Recherche gibt.».
Das hat es bisher auch selten gegeben, dass ein Journalist nochmals beteuert, dass er seine Recherche nicht bereue. Die Verleger sind aber immer noch wütend. Und das bei einem Text über Projer, der nicht zu den Darlings der Linken gehört. Jetzt muss sogar der Comunity-Suporter einschreiten. Er wettert über einen harmlosen Kommentar: «Eine wahre Meisterleistung, wie Sie versuchen, über drölf Ecken das Thema in eine für diesen Beitrag und diese Diskussion völlig irrelevante Richtung zu lenken.
«Du hast ein feines Gespür für das medienpolitische Umfeld und die Medienbranche in der Schweiz.» Das sind die Anforderungen für den neuen Comunity-Campaigner. Und für die Journalisten?