Das Nazidenkmal in Chur war in den 1930er Jahren stadtbekannt.
Schweizweit machte die Schlagzeile über das «Nazidenkmal» im Churer Daleufriedhof Schlagzeilen. Doch entgegen dem SRF-Bericht wurde das heikle Thema in Chur damals sehr wohl heiss diskutiert. Und: Im 120-seitigen Heft «Churer Grabmäler» von 2021 wird ihm eine Doppelseite gewidmet. Autor: Ex-SRF-Reporter Hansmartin Schmid.
Es war der Scoop des Monats, die Enthüllungsgeschichte von Radio SRF über das «Nazidenkmal» in Chur. Unbemerkt stehe in Graubündens Hauptstadt ein toxisches Relikt aus verdrängten Zeiten – das erste und bisher einzige entdeckte nationalsozialistische Denkmal der Schweiz. «SRF deckt auf: Das Monument war Teil eines Heldenkults, mit dem Hitler den Krieg legitimierte. Für die Stadt stellt sich die Frage, was damit geschehen soll». Soweit, so schlimm. Doch mit der durchaus gelungenen Meldung erweckt SRF den Eindruck, Chur habe nie davon gewusst. Dem ist nicht so, auch wenn sich der heutige Churer Stadtpräsident («Ich wusste nichts davon») als nicht eben belesen outet. Denn in den 1930-Jahren war der «Nazistein» ein durchaus grosses und umstrittenes Thema in Chur. Denn Hansmartin Schmid («Unser Mann aus Bonn», SRF-Korrespondent etwa über den Mauerfall 1989) beschrieb in seinem lesenswerten Nachschlagewerk von 2021 die ganze Geschichte um das «Deutsche Kriegerdenkmal» minutiös und durchaus umfassend. «Einst umstritten, heute vergessen», so sein Fazit. Ein Sturm im Wasserglas also, das hohe Aufsehen in den letzten Wochen, vor allem in den auf Klicks fokussierten Online-Medien? Natürlich nicht. Denn wie SRF richtig recherchiert hat, wurden die Aktivitäten der Nationalsozialisten und den ihnen nahestehenden Schweizer Fröntlern vor, während und nach dem zweiten Weltkrieg nie umfassend wissenschaftlich untersucht. Und das soll sich nun ändern. Man denke nur an Werner Oswald, den Gründer der Ems Chemie. Aber dass das Churer Nazidenkmal einfach so unter dem Radar der Öffentlichkeit entstand – stimmt nicht.